Der Schach-Thread

  • Gibt es das wirklich ?

    Bayern München hat eine Mannschaft am Start und ist nicht Tabellenführer :hmm:

    Der Titel "Großmeister" scheint wohl die höchste Bezeichnung zu sein,das erkenne ich an den ELO-Werten.

    Aachen hat keinen davon in ihren Reihen,daher ist es nicht verwunderlich,das die absteigen müssen.


    Auf jeden Fall eine interessante Sportart-ich spiele gelegentlich Schach,aber auf sehr überschaubarem Niveau.

    ich kannte wen
    der litt akut
    an Fußballwahn
    und Fußballwut
    (Joachim Ringelnatz)

  • Gibt es das wirklich ?

    Bayern München hat eine Mannschaft am Start und ist nicht Tabellenführer :hmm:

    So sehr ich die Fussballabteilung von Bayern München hasse umso sympathischer sind es die Schachspieler aus München. In den 80ern und 90ern wurde man insgesamt 9x deutscher Meister, angeführt von Namen wie Robert Hübner, Artur Jussupow und Zoltan Ribli.


    Doch dann wurde vom Hauptverein der Geldhahn zugedreht. Ganz vorne dran Franz Beckenbauer, der damals plakativ äußerte "dass man die Klötzleschieber nicht brauche". Danach spielten die Münchner primär mit ihren Eigengewächsen und Kleinsponsoren in der 2. Bundesliga und der Oberliga Bayern, ehe 2008 die Rückkehr ins Oberhaus gelang. Dort langte es jahrelang nur zur Fahrstuhlmannschaft - In der Saisonplanung wurde das Wochenende gegen München immer als Punktesammeln eingeplant.


    Inzwischen ist die Mannschaft wieder etabliert im Bundesligakreis und sorgt wie nun auch wieder für Überraschungen.


    Zitat

    Der Titel "Großmeister" scheint wohl die höchste Bezeichnung zu sein,das erkenne ich an den ELO-Werten.

    Aachen hat keinen davon in ihren Reihen,daher ist es nicht verwunderlich,das die absteigen müssen.

    Großmeister ist inzwischen übrigens ein bisschen inflationär zu betrachten, da auch die Elo-Zahlen im Spitzenbereich in die Höhe schnellen. Vor 30-40 Jahren war man mit einer Elo von 2500+ der absolute Topspieler seines Landes, nur wenige Spieler erreichten Zahlen jenseits der 2600 und umso beeindruckender war die Dominanz von Garry Kasparov, der 1999 eine Elo von 2851 hatte. Damals gab es 10 andere Spieler über 2700 und 89 Spieler über 2600. Stand heute gibt es 38 Spieler über 2700 und etwa 300 Spieler über 2600. Und trotzdem hat Carlsen erst vor wenigen Jahren diese Bestmarke gerissen.


    Zum 3. Tag:


    Aachen hat ihn! Den Ehrenpunkt! Viernheim hat kostensparend die 2. Reihe eingesetzt (und vermutlich ein paar Selbstzahler und verdiente Recken) und diese Restemannschaft trennte sich gegen Aachen 4-4. Da die Aachener am Nachmittag spielfrei hatten wurde da vermutlich das ein oder andere Bierchen geöffnet. :saufen2:


    Der Spitzenkampf ist nun auch quasi entschieden. Baden-Baden besiegte sowohl Deizisau als auch Hockenheim denkbar knapp mit 4,5-3,5. Spannender wirds nun wirklich nicht.


    Morgen folgt die letzte Runde. Baden-Baden wird zum Abschluss mit Speyer den Boden aufwischen.


    Meine Kollegen aus Mülheim haben morgen das direkte Duell mit Augsburg um Platz 11. Je nachdem wie Dresden gegen Kiel abschneidet könnte man nominell noch auf einen der 4 letzten Plätze rutschen, aber wie bekannt hat das Ganze keine Relevanz mehr für den Abstieg an sich.

  • 4. Tag und Abschlussrunde:


    Baden-Baden wie erwartet ein deutlicher Sieg gegen Speyer und damit Deutscher Meister. Vize-Meister wird Deizisau durch einen Abschlusssieg gegen Hockenheim. https://www.schachbundesliga.de/artikel/280


    Die Mülheimer schlagen Augsburg und landen damit auf Platz 11. Wir haben es also auch sportlich, unabhängig von Rückzugen zum Klassenerhalt gebracht.


    Das Abschlusswochenende für größere Sprünge haben Berlin und Kiel genutzt, während z.B. Bremen primär die zweite Reihe einsetzte, Kosten sparte und im Mittelfeld landete.


    Abschlusstabelle: https://www.schachbundesliga.de/bundesliga-2019-2020

  • Hat Robert Hübner nicht auch einmal für eine SpVgg Porz Schach gespielt :hmm:

    Und war er auch mal mindestens im Halbfinale eines Kandidaten-Turniers oder gar im Finale dieses Wettbewerbes und hätte so den damals amtierenden Weltmeister (Karpow oder Kasparow) herausfordern können :hmm:

    ich kannte wen
    der litt akut
    an Fußballwahn
    und Fußballwut
    (Joachim Ringelnatz)

  • Definitiv. Hübner hat einige Vereine hinter sich, so eine aktive Schachkarriere geht halt mehrere Jahrzehnte und weil die Spitze knapp bemessen ist, kommen die Topspieler auch bei einem Rückzug oder Abstieg in der Bundesliga unter.


    Heutzutage spielt Hübner übrigens in Siegburg.

  • Auch wenn hier nur wenige diesen "Sport" im Kopf hat, so bin ich doch auf die Fortsetzung der Schachsaison gespannt.


    Aussage vom Sommer für NRW war "wir ziehen durch solange nichts komplett verboten ist". Also ist wohl auch bei 2G und 2G+ geplant zu spielen?! Wird spannend da Spieler ans Brett zubekommen, speziell in den Kreisligen.

  • Man könnte das Spielfeld auf einer Leinwand abbilden und ein Dritter (Schiedsrichter?) führt die Züge aus. Die Spieler stehen ein paar Meter voneinander und vom Schiedsrichter entfernt und diktieren Ihre Spielzüge.

  • Man könnte das Spielfeld auf einer Leinwand abbilden und ein Dritter (Schiedsrichter?) führt die Züge aus. Die Spieler stehen ein paar Meter voneinander und vom Schiedsrichter entfernt und diktieren Ihre Spielzüge.

    Das wurde so tatsächlich bei manchen Profispielen praktiziert. bzw. nicht über Leinwand sondern über PC.

    https://de.chessbase.com/post/…derlage-gegen-oesterreich


    Ist aber halt für den untersten Amateursport nicht durchführbar da diese Spiele ohne Schiri stattfinden, man hier ja gleich 2 bräuchte und der Schachsport wenn eh wieder an Spiellokalen scheitern wird, wenn wieder Gemeindezentren, Schulen und Kultureinrichtungen schließen.

  • Start der Schach-WM: Geist gegen Geist


    Schach ist ganz anders als das Leben - Glück und Zufall gibt es hier nicht. Warum das jahrhundertealtes Spiel einen neuen Boom erlebt.


    An diesem Freitag wird wieder Schach-Geschichte geschrieben: In Dubai trifft der brillante Analytiker und amtierende Weltmeister

    Magnus Carlsen aus Norwegen auf seinen Herausforderer Jan Nepomnjaschtschi aus Russland. Mehr als zwei Wochen lang werden

    sie in 14 Partien unter sich ausmachen, wem die Krone in diesem Königsspiel zusteht. ....................................

  • Einmal im Jahr werde ich erinnert, doch mal ein Update über die Schachwelt zu geben.


    Vom 16. Juni bis 4. Juli stand das Kandidatenturnier in Madrid an. Sieger dieses Turniers darf im WM-Match gegen den amtierenden Weltmeister antreten - doch der will gar nicht mehr. Magnus Carlsen hatte schon nach dem letzten Match gegen Jan Njepomniatschtschi damit kokketiert nicht mehr anzutreten - und lies seinen Worten Taten folgen. https://www.sueddeutsche.de/sp…rzicht-rueckzug-1.5624599


    Folglich spielen der 1. und 2. des Kandidatenturniers den neuen Weltmeister aus. Gewonnen hat abermals Jan Njepomniatschtschi und auf Platz 2 landete der Chinese Ding Liren. Das diesjährige Kandidatenturnier war an Spannung, Kampfgeist und Erlebnis sehr weit vorne anzusiedeln, wohl nur übertroffen vom legendären Turnier von London 2013. Viele entschiedene Partien, ungewöhnliche Fehler, der Einbruch von Jugend-Hoffnung Firouzja, Ding Lirens finale Aufholjagd, Nepo, der seine Kritiker verstummen lässt - für Kenner wirklich ein Leckerbissen. Sollte mal eine Doku rauskommen, die auch Amateure abholt - ich würde sie sehr empfehlen.



    Die Schachbundesliga startete diese Saison erst spät, erst im März 2022 fand der erste Spieltag statt. Grund war das späte Nachspielen der Coronabedingten Ausfallvorsaison (hab ich hier drüber berichtet). Neu dabei waren der Düsseldorfer SK, SK König Tegel und der Münchener Schachclub 1836.


    Die Saison wurde abgerundet durch eine Finalwoche mit 7 Runden im Weserstadion zu Bremen. Die News zum Event findet ihr hier: https://schachbundesliga.de/artikel?field_artikelart=829


    Vorneweg marschierten wie jedes Jahr die Baden-Badener, gefolgt von Viernheim. Auf Platz 3 landeten die Klingenstädter aus Solingen. Mit Platz 8 landete mein Verein, der SV Mülheim-Nord, in der oberen Hälfte und schaffte somit das beste Ergebnis seit 5 Jahren.


    Kuriosum: die 4 sportlichen Absteiger mussten tatsächlich den Gang in Liga 2 antreten. Keine finanziell bedingten Rückzüge, keine Aufsteiger die auf ihr Startrecht verzichteten - in der Schachbundesliga leider selten der Fall. Somit verabschiedet sich die Schachbundesliga von den tapferen Aachenern, König-Tegel, der BCA Augsburg sowie dem Düsseldorfer SK. Düsseldorf kam punktgleich mit Dresden über die Ziellinie, doch die Brettpunkte (quasi das Torverhältnis im Schach) besiegelte den Abstieg. Entscheidend dürften die vergebenen Punkte gegen Mitabsteiger Augsburg und Tegel gewesen sein. Schade!


    Neu in die Bundesliga aufgestiegen sind der SC Remagen Sinzig (ein alter Bekannter), TSV Schönaich, SV Deggendorf und der SK Kirchweyhe - allesamt nominell stärker als die letztjährigen Absteiger - die Bundesliga ist also deutlich stärker geworden und der Abstiegskampf wird härter denn je.

  • Ich versuche das mal für euch einzuordnen.


    Hans Niemann ist ein 19-Jähriger Großmeister, der es während und nach der Corona-Krise in die Weltspitze geschafft hat.


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    Die Rating-Entwicklung ist wirklich bemerkenswert, in 2 Jahren ging es von 2450 (beachtliche Spielstärke zum Rest der Welt, in der Spitze aber eher ein schwacher Großmeister) bis auf ca. 2700, die Schallmauer ab der man heutzutage zu den Top 40 der Welt gehört und damit im "Inner Circle" der Turnierszene erscheinen wird.


    Zu betonen ist: Niemann ist hier kein Einzelfall. In den 2 Corona-Jahren haben wenig echte Turniere stattgefunden während Jugendliche aber viel trainiert haben, online gespielt haben und so die Spielstärke gestiegen ist. Das Rating kommt nun also mit Verspätung. Man muss sich nur mal die Erfolge der Jugendmannschaften aus Usbekistan und Indien bei der zuletzt stattfindenden Schacholympiade angucken und man sieht: Die Jugend ist in 2 Jahren sehr stark geworden und rückt der alten Garde (und damit meine ich die Jahrgänge 85-95) ziemlich auf den Pelz.


    Allgemein ist beim Schach das Computer"doping" ein großes Problem. Jeder Computer ist stärker als selbst der beste Schachspieler aufgrund von Ausdauer, Rechentiefe, Komplexität und Datenbankwissen. Ein Amateur, der sich in kritischen Stellungen Hilfe holt, wird jede Partie gewinnen. Nur brauchen Amateure halt jeden Zug Hilfe. Oder bei forcierten Varianten vielleicht jeden 3. Zug.


    Bei Großmeistern auf Toplevel reicht es wahrscheinlich an einer kritischen Stelle auf die Engine zu gucken. Es geht hier nur darum, eine Idee zu bekommen, einen Anhaltspunkt, die Berechnung schaffen die Topleute selber. Die reine Info "an dieser Stelle gewinnt Weiß" wird bei diesen Leuten schon reichen, dass sie dann den entscheidenden Zug auch finden.


    Jetzt ist es aber so, dass Enginezüge in vielen Stellungen recht offensichtlich "nicht menschlich" sind. Was ich damit meine ist: Ein Mensch folgt einem logischen Plan, er stellt Drohungen auf, versucht Disbalancen zu erstellen, berechnet konkrete Zugfolgen, die aber idR auf ein klares Ziel hinauslaufen. Ein Computer bewertet jede Stellung aufs neue, es findet keine emotionale Abwägung statt. So kann der Computer öfter mal "unmenschliche" Züge und Zugwiederholungen vorschlagen, welche dann offensichtlich auf Cheating hinweisen.


    Außerdem kann man Cheating erkennen, wenn die Übereinstimmung mit dem Besten bzw. idR den besten 3 Computer-Zügen zu hoch ist. Selbst Top-Großmeister schaffen über eine Turnierpartie hinweg kaum mehr als 70 % Übereinstimmung. Wenn also grade bei einer Online-Blitzpartie (3 Minuten statt 3 Stunden für eine Partie) die Übereinstimmung bei 90% und mehr liegt, dann deutet das in den meisten Fällen auf Cheating hin.


    Während Corona haben z.B. über chess.com große Blitzturniere stattgefunden. Erstmals (zumindest wie es mir bekannt ist) auch um Geld. Hier haben sich viele Profis etwas dazuverdient, grade wo das normale Einkommen durch Realpartien weggefallen ist. Beim Online-Schach ist Betrug noch simpler als real. Während man bei einer echten Partie sein Handy auf dem Klo verstecken müsste oder noch komplexer, über Funk mit jemand anderem verbunden sein müsste, reicht es online ja schon, in einem anderen Tab die Engine laufen zu lassen. (Das hat übrigens in den letzten 30 Jahren schon das Fernschach, früher Betätigung per Postkarte, ziemlich platt gemacht, das wird kaum mehr gespielt bzw. hier ist Engineunterstützung erlaubt)


    Bei diesen Online-Turnieren wurde von den Spielern verlangt mit 2 eingeschalteten Kameras zu spielen: Eine aufs Gesicht und eine auf den Bildschirm gerichtet. Damit sollte Betrug verhindert werden.


    Dennoch hat Hans Niemann online schon betrogen, laut eigener Aussage aber als Kind mit 12 bzw. 16 Jahren. (chess.com hat nach dem Interview bekannt gegeben, dass die Darstellung von Niemann so nicht stimmt. Es deutet also darauf hin, dass er öfter online betrogen hat)


    Wir spulen vor zum Sinquefield-Cup in St. Louis. Das Teilnehmerfeld ist exquisit und Hans Niemann ist als junger Aufsteiger zum meines Wissens ersten Mal bei so einem großen Turnier dabei, als Amerikaner mit dieser steilen Kurve wurde er eingeladen.


    In der dritten Runde gab es dann die Paarung Carlsen vs. Niemann - und Niemann konnte mit Schwarz gegen Carlsen gewinnen. Zu betonen ist: Die Partie ist, wenn man sich die Züge und Bewertungen anguckt, absolut unverdächtig! Carlsen machte Fehler, gerade in seiner Paradedisziplin, der Übergang ins Endspiel bzw. vorher im Mittelspiel und Niemann konnte diese Fehler ausnutzen.


    Am folgenden Tag spielte Hans Niemann seine Partie gegen Alireza Firouzja und sorgte mit einem verrückten Figurenopfer für Aufsehen. Aufsehen erregte das Interview nach dem Spiel, in dem er seltsame Varianten zeigte, seine Ideen nicht wirklich erklären konnte und generell unsicher auftrat. Das hörte sich nicht nach einem Top-GM an, worauf sich dann viele andere Spieler und Kommentatoren gestürzt haben.

    Gleichzeitig trat Carlsen mit dem inzwischen berühmten Tweet vom Turnier zurück, ein noch nie dagewesener Moment. Carlsen hatte selbst bei schwächeren Auftritten das Turnier immer zu Ende gespielt.


    Daraufhin ging der große Shitstorm los, aber wie gesagt: die Partie an sich war unverdächtig meiner Meinung nach. Den viralen Vorschlag, dass Hans Niemann über einen analen Vibrator gecheatet haben konnte, war übrigens eigentlich nur ein Scherz eines Twitch-Users im Chat von Großmeister Eric Hansen. Dieser Scherz hat dann ein Eigenleben entwickelt - schöne neue Internetwelt im 21. Jahrhundert...


    Jetzt ist die Schachwelt vergleichsweise klein, die Weltspitze noch viel kleiner - daher war es nur eine Frage der Zeit, dass Carlsen und Niemann wieder aufeinandertreffen.


    Beim Julius Baer Generations Cup - ein weiteres Onlineturnier - kam es nun zum nächsten Eklat. Carlsen verweigerte eine Partie indem er einfach aufgab - eine Nicht-Teilnahme war nicht möglich, das Turnier wird von der PlayMagnus-Firma ausgerichtet, also Carlsens eigene Firma.


    Insgesamt ist die Beweislage für Betrug im Realschach sehr dünn, im Prinzip gar nicht vorhanden. Alles stützt sich nur auf diesem schwachen Nachspielinterview und auf die Vergangenheit mit Cheating im Onlineschach.


    Das Problem ist, dass Carlsen sich in keiner Weise äußert. Er verweigert aktuell alle Interviews - vermutlich weil eventuelle Anschuldigungen ohne Beweise kämen und damit rechtlich problematisch wären. Und bis dahin wird es auch keine Auflösung geben ob vielleicht mehr als nur Cheating im Raum steht oder was noch vorgefallen ist.


    Für die Klickzahlen der Schachseiten und -streamer ist das ganze Drama auf jeden Fall super - there is no bad press.