Der neue Waldhof-Präsident Steffen Künster überzeugt Mitglieder mit einem seriösen Auftritt und finanziellen Zusagen
Hoffnungsträger am Alsenweg
Von unserem Mitarbeiter Roland Bode
Mannheim. Nach seinem deutlichen Wahlsieg hängte sich Steffen Künster, der neue Präsident des SV Waldhof, demonstrativ einen blau-schwarzen Fanschal um. Die Botschaft war klar: Ich bin einer von Euch, dieser Verein liegt mir am Herzen. Danach gab der neue Hoffnungsträger des Traditionsvereins erste Interviews und musste viele Hände schütteln.
Vier Stunden hatte es gedauert, bis auf der Jahreshauptversammlung im Kulturhaus Käfertal jene Frage beantwortet war, die alle anderen in den Hintergrund rücken ließ: Wer wird der neue Präsident? Vor der Versammlung waren sich viele Mitglieder nicht sicher, für welchen der beiden Kandidaten sie stimmen sollten. Immer wieder war bei Gesprächen im Foyer zu hören: "Ich warte die Präsentation ab" oder "der Wahlausgang wird eng." Umso überraschender, dass Künster fast drei Viertel (72 Prozent) der Anwesenden mit seinem Konzept überzeugen konnte. Der neue starke Mann am Alsenweg stellte in seiner Rede klar: "Es ist bereits fünf nach zwölf. Der SV Waldhof hat noch eine Chance, die letzte, für den Angriff in den Profi-Fußball."
Der IT- und Werbefachmann präsentierte sich gut vorbereitet. Seine wesentlichen Botschaften für eine bessere Zukunft des Klubs: Seriosität, Transparenz und Teamfähigkeit, wachsendes Vertrauen, Imageverbesserung, fortgesetzte wirtschaftliche Konsolidierung, Ausbau der "Marke SV Waldhof" und das Ziel, bei der Jugendarbeit wieder zur Nummer eins der Region zu werden.
Aber auch Künsters finanzielle Zusagen überzeugten am Ende wohl einige Unentschlossene: Unter dem Strich versprach der 47-Jährige den Mitgliedern zunächst 831 000 Euro: 331 000 Euro aus festen Zusagen vorangegangener Sponsorengespräche, dazu weitere 500 000 Euro für eine Marketing- und Imagekampagne ab Februar 2011, die sein eigener Betrieb und eine Partnerfirma beisteuert. In Gesprächen sei man darüber hinaus mit weiteren Unternehmen, die der SVW als Sponsoren gewinnen will. Künster bezifferte die mögliche zusätzliche Summe auf knapp 700 000 Euro und sagte: "Ich hoffe, dass wir auch hier Einiges bekommen." Das Gesamtvolumen der Künster-Zusagen beliefe sich damit auf rund 1,5 Millionen Euro.
Mitbewerber Helmut Rufe (54) wirkte nach der Niederlage nicht enttäuscht: "Wer auf den Platz geht, muss verlieren können. Ich habe immer betont, dass es für mich nicht um Personen geht, sondern um den Verein. Ich wünsche Herrn Künster und seinem Team alles Gute für die viele Arbeit, die nun wartet." Am Tag nach der Verkündung des Ergebnisses bekräftigte er: "Ich werde trotzdem versuchen, dem SVW und der neuen Führung zu helfen." So könne er sich auch einen Platz im noch zu wählenden Aufsichtsrat vorstellen: "Vorausgesetzt ich würde hierfür vorgeschlagen und die noch zu verabschiedende neue Satzung gibt dem Organ mehr Einfluss."
Rufe hatte kurzfristig sein Team ändern müssen, weil der für die Finanzen vorgesehene Wirtschaftsprüfer Thomas Röhl anonym angezeigt worden war. Hintergrund: "Wir unterliegen der Unabhängigkeit", so Röhl. Deshalb habe ihn die Wirtschaftsprüferkammer gebeten, von einer Kandidatur abzusehen. Röhl hätte deshalb vorerst nicht gewählt werden können. Ex-Trainer Walter Pradt sollte den Sportbereich besetzen und Fanbeauftragter werden.
Quelle: Mannheimer Morgen - 18. Dezember 2010
KOMMENTAR
Präsident mit System
Roland Bode über die Wahl Steffen Künsters beim SV Waldhof
Catenaccio" ist ein in früheren Jahren von italienischen Fußball-Klubs häufig praktiziertes System, dessen Begriff im übersetzten Sinn für strenge Ergebnisorientierung steht. Hinten muss die Null stehen, dann verliert man nicht. Die Mitglieder des SV Waldhof haben dieser taktisch auf Sicherheit basierenden Spielausrichtung ein klares "Ja" erteilt. Defensive statt Totalangriff! Zu sehr sind nicht eingehaltene - und oft haltlose - Versprechungen der vergangenen Jahre in den Hinterköpfen hängen geblieben.
Der neue Präsident Steffen Künster setzt auf System, Strategie, Zeit, Nachhaltigkeit, Teamgeist, vor allem aber auf Professionalität. Dinge zu versprechen, die er nicht halten kann, sind ihm nach eigener Aussage fremd. Mit seinem bis ins Detail vorbereiteten Konzept punktete der Unternehmer in der Stunde der Wahrheit. Das war wahlentscheidend gegenüber Mitbewerber Helmut Rufe. Der besaß zwar ebenso ein schlüssiges Konzept und stand ebenfalls für nötige Umstrukturierungen. Doch er ließ bei der Präsentation einige klare Inhalte vermissen. Allen auch dem Wahlkampf geschuldeten Unterschieden zum Trotz wäre Künster dennoch gut beraten, Rufes Ideen in die anstehende schwere Arbeit einzubeziehen. Auch hier getreu der eigenen Vorgabe: "Wir müssen alle an einem Strang ziehen."