Die "wahren" Baden-Württemberg-Meister seit 1945

  • 1973/74: VfB Stuttgart


    Den Bayern gelingt der erste Bundesliga-Hattrick. Mit einem Punkt Vorsprung vor Gladbach holen sich die Münchner die Meisterschale zum dritten Mal an die Isar. Höhepunkt ist der Triumph der Bayern im Europapokal der Landesmeisters im Doppelfinale gegen Atletico Madrid. Nach einem 1:1 n.V. im ersten Endspiel war ein Wiederholungsspiel notwendig, in denen der deutsche Meister durch je zwei Tore von Hoeneß und Müller die Nase vorn hatte.

    Für den VfB Stuttgart war das UEFA-Pokal-Abenteuer erst im Halbfinale beendet, wo man knapp an Feyenoord Rotterdam ausschied. Nach einem 1:2 in den Niederlanden reichte es im Neckarstadion nur zu einem 2:2.

    In der Bundesliga spielte der VfB keine besondere Rolle. Mit 31 Punkten rangierte man auf Platz 9 - weder Fisch noch Fleisch. Jedoch zeigte sich ein Aufschwung bei den Zuschauerzahlen. Mit rund 22.750 Zuschauern verzeichnete man einen deutlichen Anstieg in der Gunst der Fußballanhänger und rangierte dort auf Rang 5 der Zuchauertabelle.

    50.000 wollen Eintracht Frankfurt sehen, 60.000 kommen gegen Mönchengladbach, gar 72.000 sehen das 1:1 gegen die Bayern. Am letzten Spieltag, wo für den VfB eh schon alles gelaufen ist, kommt die Minuskulisse von 6.500 zustande - dort sichert sich der Wuppertaler SV mit dem Ausgleichstreffer in der 81. Minute den Klassenerhalt gegen die punktgleiche Fortuna aus Köln.

    Hermann Ohlicher trug sich mit 17 Toren in die Torschützenliste ein, was ihm zusammen mit Dieter Müller vom 1. FC Köln den 7. Platz einbrachte. Beim 3:0-Sieg über Schalke 04 verbucht Ohlicher alle Treffer für sich. Beim Großereignis in der Sommerpause, der Fußballweltmeisterschaft im eigenen Land, waren aber weder Ohlicher noch ein anderer Stuttgarter im Kader. Nur das Neckarstadion durfte als Austragungsort für 4 Endrundenspiele dienen. Aus Baden-Württemberg war nur der für die Bayern spielende Ulmer Metzgersohn Uli Hoeneß dabei.

    Wie im Vorjahr versäumte Reinhold Zech keine Sekunde eines Bundesliga-Spiels.

    Große Umbrüche zeichneten sich im Unterbau ab. Die alten Regionalligen hatten ausgedient und wurden durch die 2. Liga Nord und der 2. Liga Süd ersetzt. Letztere bildete sich aus der Regionalliga Süd und der Regionalliga Südwest. In der letzten Regionalliga-Saison ging es frühzeitig um die Qualifikation für die neue, von vielen als halbgar empfundene, Spielklasse zu erreichen. Neuling FC Augsburg hatte sein "Hallerluja" und wäre beinahe noch in die Bundesliga durchmarschiert. Als letzter Südmeister hat man aber die Zweitliga-Quali sicher. Aus Baden-Württemberg scheitert nur der Freiburger FC, der als Tabellenvorletzter nicht die nötigen Platzierungspunkte sammelt und in die Amateurliga Südbaden absteigen muss. Aufsteiger VfR Mannheim landet zwar auf Platz 13, aber durch seine positiven "Altlasten" reicht das Punktekonto für die Zweitklassigkeit. Die Stuttgarter Kickers, Chio Waldhof und Karlsruher SC reihen sich von Platz 6 bis 8 ein, der VfR Heilbronn vervollständigt das zukünftige Zweitligabild aus Baden-Württemberg.

    Durch die Ligareform sind die Amateurmeister VfR Aalen, Offenburger FV, FC 08 Villingen und Karlsruher FV um ihre Aufstiegschancen gebracht. Ihnen bleibt teilweise nicht mal die Amateurmeisterschaft: Offenburg muss den südbadischen Platz dem Meister der Schwarzwald-Bodensee-Liga Villingen überlassen, und auch der Württembergische Meister kommt aus der Schwarzwald-Bodensee-Liga: es ist der Vizemeister SSV Reutlingen 05, der dem VfR Aalen den Titel nicht gönnt. Reutlingen holt sich sogar den deutschen Amateurmeistertitel, nach zwei Endspielen in Worms über den VfB Remscheid. Villingen eliminierte in Runde 1 den Karlsruher FV und wurde dadurch quasi gesamtbadischer Meister, ehe man in Runde 2 gegen den FK Clausen rausflog.

    Apropos Schwarzwald-Bodensee-Liga: auch im Amateurlager zeichnen sich langsam aber sicher Ligareformen ab. Die südbadischen Vereine verlassen in Erwartung dieser Reform mit Ende der Saison die gemeinsame Spielklasse unter WFV-Regie und spielen wieder ausschließlich in Südbaden. Fortan heißt die Spielklasse analog zur Staffel Nordwürttemberg nur noch Südwürttemberg, jedoch ist der Name Schwarzwald-Bodensee so präsent, dass selbst in WFV-Dokumenten heute noch von dieser Spielklasse gesprochen wird.

    Im DFB-Pokal scheiden die beiden einzigen Baden-Württemberg-Vertreter bereits in der 1. Runde aus: der VfB Stuttgart verliert bei Fortuna Köln mit 3:2 n.V. und der VfR Heilbronn nach einem Wiederholungsspiel gegen Offenbach.


    Die historische Reihenfolge:

    Bundesliga

    9. VfB Stuttgart (31-37)

    Regionalliga Süd

    6. SV Stuttgarter Kickers (36-32)

    7. SV Chio Waldhof (36-32)

    8. Karlsruher SC (36-32)

    12. VfR Heilbronn (34-34)

    13. VfR Mannheim (31-37)

    17. Freiburger FC (20-48)


    Der Baden-Württemberg-Vergleich

    Wie gehabt: mangels Konkurrenz bleibt der VfB Stuttgart zum sechsten Mal bestes Team im Lande.

    Die Regionalliga bot natürlich mehr Wettbewerb. Hier war der VfR Heilbronn die beste Mannschaft aus Baden-Württemberg. In der Kätchenstadt blieb der VfR ohne Punktverlust bei 17:6 Tore. Mit 6:2 muss der Freiburger FC dort die Segel streichen. Das torreichste Spiel ist es dennoch nicht. 9 Tore sieht man beim 5:4 des VfR Mannheim über seinen Namensvetter aus Heilbronn, im Stadtderby siegt Chio Waldhof mit 7:4 beim VfR. KSC, Chio und Kickers bleiben ohne Heimniederlage, auswärts sind der KSC und Freiburg ohne Siegesfeier. Die Freiburger kommen nur im Wildparkstadion zu einem 1:1.


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    „Meine Herren! Wie ich soeben höre, hat der Zug zwölf Minuten Verspätung!
    Zwölf kostbare Minuten! Ich bin sehr gespannt, was Sie nun mit diesem Geschenk anfangen!“