Hassler im Wohnzimmer
Steinbach reist heute zum Spitzenspiel zum FSV Frankfurt - "Alte Freunde und Bekannte"
Manchmal merkt man erst ein paar Wochen später, was ein Erfolg wert ist. Nehmen wir zum Beispiel den 3:1-Sieg des FSV Steinbach gegen Viktoria Aschaffenburg zum Saisonstart. Seit diesem Negativerlebnis haben die Bayern in der Oberliga Hessen nicht mehr verloren, sogar vier Siege gelandet. Und sind Tabellendritter.
Schon einen Rang dahinter folgt, mit einer Partie weniger, der ebenfalls ungeschlagene FSV Steinbach. Und die Elf von Stefan Hassler, wer hätte das gedacht, reist folglich heute zum Spitzenspiel. Um 15 Uhr treffen die Steinbacher am traditionsbeladenen Bornheimer Hang auf den Top-Favoriten FSV Frankfurt. "Naja, Spitzenspiel, es ist ja erst der fünfte Spieltag", bleibt Stefan Hassler angesichts der ungewöhnlichen Konstellation realistisch. Wie immer eben. "Natürlich freuen wir uns auf das Spiel. Das ist schon was Besonderes, ein echter Genuss. Aber ich hatte die Situation schon mal mit dem VfB Marburg. Da sind wir auch als Fünfter zum FSV gefahren, dann haben wir 2:5 verloren, es hätte aber auch 2:8 ausgehen können", erinnert sich der Coach.
Wenn Hassler zum FSV Frankfurt fährt, dann ist das aber so oder so mehr als nur ein Oberligaspiel. Unabhängig vom Tabellenstand kehrt der 37-Jährige am Bornheimer Hang sozusagen in sein Wohnzimmer zurück. Es gibt sicher keinen Verein, kein Vereinsgelände, das der Oberliga-Insider so kennt wie die Sport-Anlage am Erlenbruch. Mit Schlüsselgewalt ausgestattet ging Hassler dort ein und aus, war als Trainer, Co-Trainer, Jugendtrainer und -koordinator tätig. Als Assistent des damaligen Coaches Gerhard Kleppinger wechselte der Gießener dann im November 2005 auf die harte Bank der abstiegsbedrohten Fernwälder. Der Rest ist bekannt. Steinbach schaffte den Klassenerhalt. Hassler stellte mit dem Sportlichen Leiter Niko Semlitsch (zuvor auch beim FSV Frankfurt) ein neues Team zusammen, und darf sich in der aktuellen Runde über einen "sensationellen Start" freuen.
Kein Wunder also, dass auch auf der Homepage des FSV Frankfurt von einem Wiedersehen mit "alten Freunden und Bekannten" die Rede ist. Immerhin waren auch schon Lucass Onar, Enis Dzihic, Fejz Hodaj und vor geraumer Zeit Jens Boehnke bei dem topbesetzten Favoriten am Ball.
FSV Frankfurt - FSV Steinbach (heute 15 Uhr)
Doch genug der Sentimentalitäten. Zumindest für 90 Minuten geht es heute nur um eines - drei Punkte. Und die hat Stefan Hassler trotz Hochachtung für den "spitzenmäßig besetzten" Frankfurter Kader nicht abgeschrieben. Doch um als erster Gegner den Mainstädtern etwas Zählbares abzuluchsen, ist viel Kampf, Engagement und taktische Finesse gefragt. Winter, Saridogan, Mehic und der in Burgsolms geborene Mathias Hagner (zuletzt 1. FC Saarbrücken) haben Profi-Erfahrung. Das heißt, dass Respekt ohne Furcht die Reise des FSV zum FSV bestimmt: "Saridogan und Ojigwe müssen wir in den Griff kriegen", sagt Hassler, "und das Mittelfeld auch, die Namen sprechen ja für sich." Um dort etwas holen zu können, müsse alles passen. "Gegen so einen Gegner braucht man auch Glück im Abschluss und vor dem eigenen Tor", weiß der Übungsleiter, dass Frankfurt zwangsläufig zu Torchancen kommen wird. "Aber sie sind auch anfällig", wie Hassler bei deren 4:2-Sieg gegen Klein-Karben selbst in Augenschein nahm. Ähnlich vorsichtig und deckungstreu wie in Waldgirmes werden die Steinbacher, die bis auf den langzeitverletzten David Runkel komplett sind, beim Tabellenführer zu Werke gehen. Und darauf setzen, dass die Frankfurter vor eigenem Publikum voll auf Offensive setzen. Und sich so in Frankfurts Defensive Lücken ergeben.
Seinen für einige Wochen wohl letzten Auftritt hat Spielführer Jens Boehnke am Bornheimer Hang. Der Abwehrchef wird demnächst an seinem lädierten und schmerzenden Sprungelenk operiert. Nummer eins im Tor ist trotz Neuzugang Lazar Kacarevic indes weiter Kristian Kühn. "Er hat seine Sache bisher sehr gut gemacht, es gibt keinen Grund zu wechseln", so Hassler. Insofern hat der Sieg gegen Aschaffenburg auch für Kristian Kühn nachhaltige Bedeutung.
Quelle: Giessener Anzeiger