ZitatDer 1. FC Union Berlin trauert um Andreas Freese
Der 1. FC Union Berlin e.V. trauert um Andreas Freese. Der 47-Jährige erlag in der Nacht von Montag zu Dienstag den Folgen eines tragischen häuslichen Unfalls. Andreas Freese war bereits seit fast 30 Jahren Mitglied des 1. FC Union Berlin und galt stets als einer der engagiertesten und treuesten Fans des Vereins. Ehrenamtlich füllte der „Seemann“ zahlreiche Funktionen aus vom Nachwuchsübungsleiter bis hin zum Fanvertreter im Aufsichtsrat. Maßgeblich mitverantwortlich war Andreas Freese als Programmierer jahrelang für die Erstellung und inhaltliche Gestaltung des Stadionhefts von Fans für Fans beim 1. FC Union Berlin.
“Wir verlieren mit Andreas Freese einen echten Unioner. Einen, der die Tugenden des Vereins verkörperte und lebte, stets ein verlässlicher, streitbarer und kreativer Wegbegleiter war. Das tut verdammt weh. Der 1. FC Union Berlin spricht seinen Angehörigen zutiefst empfundenes Beileid aus“, erklärt Präsident Dirk Zingler.
Die Regionalliga-Mannschaft des 1. FC Union Berlin wird im BFV-Pokalspiel am Mittwoch mit Trauerflor spielen und Andreas Freese gedenken.
Quelle: fc-union-berlin.de
ein ganz großer der unionfanszene ist gegangen. auf fanwunsch bleiben morgen alle union- internetforen stumm (bis auf den kondolenzthread für den "Seemann") genauso wie die fans beim morgigen pokalspiel. hier mal ein etwas älterer artikel aus der berliner zeitung von 2001 über einen positiv verrückten und erfinder des "unveu" bzw. des schlachtrufs "und niemals vergessen..." :
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BERLIN, im Mai. Am 12. Mai um vier Uhr nachmittags ist das Geld futsch. Union ist aufgestiegen. Die Fans stürmen aufs Spielfeld, die Spieler spritzen mit Sekt, Andreas Freese steht im Lärm, zählt sein Geld, er ist vorbereitet, alles stimmt. Eintausend Mark. Diesmal wird nichts dazwischen kommen. Alles ist sicher, anders als 1993, als Freese und die anderen auch gefeiert hatten und dann die verhasste Konkurrenz von Tennis Borussia in die zweite Bundesliga aufstieg, weil Union eine gefälschte Bankbürgschaft beim DFB vorlegte. Tennis Borussia West-Berlin. Doch die sind jetzt tot, abgestiegen in die Oberliga. Union lebt.
Mag die Sache mit den tausend Mark auf den ersten Blick unverständlich erscheinen, so ist sie doch eigentlich ganz logisch. Freese hatte gewettet, dass Union nicht aufsteigt, weil er sicher gehen wollte, dass Union aufsteigt. Auf das Schlimme setzen, damit das Gute geschieht. "Es war eine aufstiegssichernde Maßnahme", sagt Freese.
Drei erfolgreiche Jahre
Freese guckt auf sein Geld, aufs Spielfeld, das rot ist von Union-Fans, und denkt an zwei Sätze von Nick Hornby. Hornby hat das Buch "Ballfieber - Die Geschichte eines Fans" geschrieben. Freeses Lieblingsbuch. Union ist nicht Arsenal London, aber darum geht es nicht. Es geht Hornby und Freese um das Gefühl, das jetzt kommen könnte, es geht darum, sich umzustellen, weil plötzlich alles in Erfüllung geht, wovon man als Fan nie glaubte, dass es wirklich geschehen könnte, und es geht auch irgendwie um Angst: "... begann ich der Tatsache ins Auge zu blicken, dass ich am Nachmittag des 12. Mai das meiste von dem erreicht hatte, was ich überhaupt in meinem Leben hatte erreichen wollen, und dass ich keine Vorstellung davon besaß, was ich mit dem verbleibenden Rest anfangen sollte. Ich war zweiundzwanzig, und die Zukunft sah plötzlich leer und beängstigend aus."
Freese ist vierzig, ansonsten passt alles, sogar der 12. Mai. Aufstieg, Pokalfinale, Uefa-Cup. Mehr geht nicht. Man könnte sagen, Freese ist angekommen.
Seit 1976 war er nur unterwegs. So lange geht Freese zu Union, seit zwei Jahren sitzt er als Fanvertreter im Aufsichtsrat. Drei erfolgreiche Jahre hat er erlebt. " 76, 86, 93. Das war s eigentlich." Wobei gesagt werden muss, dass Union 1976 den elften Platz in der DDR-Oberliga belegte, 1986 Siebter wurde und 1993 die Lizenz für die zweite Liga nicht bekam. 1968 hat Freese erst gar nicht erwähnt: Union gewann den FDGB-Pokal, dann kam der Prager Frühling, der Westen boykottierte den Osten und der Osten den Westen, und Union konnte nicht im Europacup starten. So viel zum Erfolg.
Man kann nicht mal sagen, dass die Mannschaft Pech hatte, aber schön spielte. Meistens spielte Union schlecht. Eine der Mannschaften, von denen man gern sagt, dass sie kompakt in der Abwehr stehen, weil es sonst nicht viel gibt, was man sagen könnte. "Union ist Arbeiter-und-Bauern-Fußball", sagt Freese. Einmal pro Saison stellte er sich die Sinnfrage: "Was mach ich eigentlich hier? Das Wetter ist Scheiße, das Spiel ist Scheiße, bin ich eigentlich bescheuert?" Beim nächsten Spiel war er wieder da.
Vielleicht ist es Gewohnheit. Freese sagt, es ist Faszination. "Union ist ein Loser-Verein, aber es hat seinen Reiz, zu Verlierern zu gehen. Zu einem Winner-Verein gehen, kann jeder. Dazu gehört nicht viel. Bei Union muss man gegen den Strom schwimmen." Und gegen den Strom schwimmen heißt auch immer Protest. Widerstand. Früher passte der Klub den Kommunisten nicht ins Konzept, es gab den BFC Dynamo in der Stadt, der immer bevorzugt wurde. Dann kam der Westen, entzog Union die Profilizenz und erteilte sie später erst gar nicht, weil Union konkursreif war. So gab es immer schlechte Zeiten oder ganz schlechte Zeiten und es wuchs das Gefühl, dass irgendjemand daran schuld sein müsste. Die Stasi. Der Westen. Tennis Borussia. Mit den Jahren wurde daraus eine Identität, eine Legende. Etwas worauf man Stolz sein konnte. Ein Meer von Trotz. "Union war immer der Underdog", sagt Freese. "Es ist auch viel besser, ein Underdog zu sein."
So gesehen, verlief diese Saison für Union sehr ungewöhnlich. Freese ist noch nicht sicher, was er davon halten soll. Man kann eben nicht aus seiner Haut. "Die Sache mit dem Aufstieg ist natürlich toll, aber eigentlich macht es gar keinen Spaß ohne Relegation." Dann spricht er vom letzten Jahr, dem Aufstiegsspiel in Osnabrück, dem Elfmeterschießen, natürlich verloren, aber was macht das schon? "Es war ein Event", sagt Freese. "Wir haben gezittert, wir haben geweint und zum Schluss waren wir wieder am Arsch. Das ist Union."
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