ZitatAlles anzeigenZerreißprobe endet mit Knall
KSV Baunatal: Fußball-Abteilungsleiter Herbert Stöhr tritt zurück
Von Rolf Wiesemann
baunatal. Kennern der Szene war sie bekannt. Gestern Vormittag endete die Zerreißprobe innerhalb der Fußballabteilung des KSV Baunatal mit einem Knall. Abteilungsleiter Herbert Stöhr, seit vier Jahren beim Oberligisten im Amt, tritt mit sofortiger Wirkung zurück. "Da das erfolgsorientierte Konzept, für das ich eingetreten bin, nicht umzusetzen ist, gibt es für mich nur diese eine Konsequenz", begründete Stöhr seine überraschende Demission.
Den Ausschlag für seine folgenschwere Entscheidung hat ihm - so Stöhr - die Erkenntnis gebracht, "dass die Zielsetzung, die ich hatte, in den Köpfen anderer nicht drinzustecken scheint. Das kann ich nicht länger mitmachen." Zielsetzung des Abteilungsleiters und auch des ihm als Berater zur Seite stehenden Juristen Dr. Dirk Scharrer war, in dieser Saison unter dem neu gewählten Zeichen des Drachen in die Regionalliga zu stürmen.
Ein von Anfang an mit Zweifeln behaftetes Unterfangen, das die Fußballabteilung sogar zu spalten drohte, als der beliebte Cheftrainer Bernd Lichte Ende August quasi zum Rücktritt genötigt und durch den Ex-Eschborner Ali Marzban ersetzt wurde.
Sichtbares Zeichen für eine Wende im sportlichen Bereich war die gestoppte Verpflichtung des Bad Vilbeler Abwehrspielers Salifou im Laufe der vergangenen Woche. Der Wechsel scheiterte am Einspruch des Vereinsvorstands. "Es wird kein Geld mehr ausgegeben, das wir nicht haben. Wir müssen an unsere insgesamt 28 Abteilungen denken und den Verein auf Kurs halten", begründet Präsidentin Ursula Harms den Vorstandsbeschluss, der nach einem Gespräch mit der Fußball-Abteilungsführung zum Jahreswechsel getroffen wurde.
Dass das Fußballkonzept (Harms: "Zu euphorisch") nicht im Sinne aller im Abteilungsvorstand war, bestätigt indirekt auch Eberhard Bierschenk. "Das Tempo und die Hürde waren einfach zu hoch. Da konnten wir nicht rüberspringen", erklärt der ehemalige Abteilungsleiter. Für ihn - so Bierschenk - sei die Rückkehr zum früheren Baunataler Modell, verstärkt auf den eigenen Nachwuchs anstatt auf externe Spieler zu setzen, eine durchaus akzeptable Alternative. "Damit haben wir früher doch auch Erfolg gehabt."
Für Berater Scharrer hingegen, der die Baunataler unter dem Drachenbanner zu neuen sportlichen Ufern führen wollte, wäre das allerdings ein klarer Rückschritt. "Entweder man geht den neuen Weg offensiv an oder man geht den alten, um dann eventuell in der Mittelmäßigkeit stecken zu bleiben", sagt der im Filmgeschäft tätige Jurist. Zwar wurde Scharrer auch vom plötzlichen Rücktritt Stöhrs überrascht, allerdings hatte der Berater "seit der Verpflichtung von Trainer Marzban eine gewisse Unruhe im Abteilungsumfeld" ausgemacht. Trotz der neuen Situation will Scharrer ("Ich bleibe der Sache treu") seine Beraterfunktion bis zum Saisonende im Juni fortsetzen.
Dieses Ziel hat sich auch Trainer Ali Marzban gesetzt, der in seinen Planungen eigentlich davon ausgegangen war, länger beim KSV Baunatal zu bleiben. Aber da die Klubführung bisher noch keine Gespräche mit ihm über eine Vertragsverlängerung geführt hat, geht der Iraner davon aus, "dass man beim KSV kein Interesse hat, dass ich bleibe". Dennoch wird der Trainer seine Arbeit bis zum Saisonende "mit hundertprozentigem Einsatz fortsetzen. Das bin ich dem Verein, den Spielern und auch den Fans schuldig."
Mal schaun, wie sich das entwickelt