DLV mit 79 Athleten zur EM - Rekord: 1370 Aktive
Mit Böllerschüssen und Konfetti wurden sie in Nürnberg verabschiedet, bei den 19. Europameisterschaften wollen die deutschen Leichtathleten in der schwedischen Hafenstadt Göteborg Flagge zeigen.
Am 7. August, punkt 10.05 Uhr, beginnt die Leistungsschau im Ullevi-Stadion. Die ersten beiden von insgesamt 47 Medaillenentscheidungen (24 Männer/23 Frauen) fallen am Abend im Kugelstoßen der Männer und 10 000-Meter-Lauf der Frauen. Drei Tage zuvor trifft die Vorhut der deutschen Mannschaft in der zweitgrößten schwedischen Stadt ein.
Stolz haben die Organisatoren und der Europa-Verband EAA schon den ersten Rekord verkündet: 1370 Athleten aus 48 der 50 EAA-Mitgliedsländer haben gemeldet, etwa 100 Aktive mehr als 2002 in München und 1998 in Budapest. Nur Liechtenstein und Armenien werden beim Saisonhöhepunkt fehlen; dafür dürfen Serbien und Montenegro nach der politischen Trennung mit eigenständigen Mannschaften antreten. Prämien zahlt die EAA im Gegensatz zum Weltverband IAAF bei der Weltmeisterschaft allerdings nicht.
52 Fernsehstationen haben sich bei den EM-Organisatoren angemeldet; für ARD/ZDF und Eurosport heißt das Motto «TV total». Rund 70 Prozent der insgesamt 374 000 Tickets sind bisher verkauft. «Unser Ziel sind 82 Prozent», sagte Toralf Nilsson, der Generalsekretär des Organisationskomitees, in einem dpa-Interview.
Vier Jahre nach der glanzvollen Heim-EM in München mit insgesamt 19 Medaillen (2/9/8) müssen die Asse des Deutschen Leichtathletik-Verbandes (DLV) zwar keinen Untergang in der Ostsee-Stadt befürchten. Dennoch: Mit einer Medaillenflut wie damals im Olympiastadion sollte keiner rechnen. Präsident Clemens Prokop erwartet, «dass wir unseren Platz in Europa festigen können. Ich glaube, wir haben in der Mannschaft gereifte und junge Athleten, die sich etablieren können».
DLV-Sportdirektor Frank Hensel rechnet «mit einer Medaillenzahl zwischen acht und zwölf» - in etwa so viele heiße Kandidaten hat auch der Leitende Bundestrainer Jürgen Mallow auf dem Zettel. Andere sind da schon skeptischer. Olympiasieger Klaus Wolfermann, der 1972 in München Gold mit dem Speer erkämpfte, sagte: «Wenn wir diesmal sechs, sieben Medaillen holen, wäre das schon ein schöner Erfolg. Und drei Europameistertitel - das wäre ein Halleluja!»
Nach der verletzungsbedingten Absage von Langstreckler Alexander Lubina und der Nachnominierung von Siebenkämpferin Karin Ertl schickt der DLV weiter 79 Athleten - 40 Frauen und 39 Männer - ins Rennen. Dass nur neun dabei sind, die schon in München die Medaillen aus dem Feuer holten, spricht eigentlich für einen geglückten Generationswechsel. Doch der Schein trügt: Mit den «ewig jungen Oldies» will der DLV-Dampfer auch an der Ostsee wieder Fahrt aufnehmen. «Wir sind froh, dass wir diese Athleten haben - sie sind die Stützen der Mannschaft», meinte Hensel.
Altmeister wie Lars Riedel und Franka Dietzsch (Diskus) sowie Routiniers wie Steffi Nerius (Speer), Tim Lobinger (Stabhoch) und Hürdensprinterin Kirsten Bolm, aber auch Kugelstoßer Ralf Bartels und Speerwurf-Europarekordlerin Christina Obergföll können den Sprung auf das Podest schaffen. «Mein Ziel ist eine Medaille. Die Konstanz, die ich in dieser Saison zeigen konnte, gibt mir Sicherheit», meinte Kirsten Bolm, derzeit über 100 Meter Hürden mit 12,65 Sekunden die Nummer 2 in Europa hinter Schwedens Gold-Favoritin Susanna Kallur (12,52).
Der WM- und EM-Dritte Bartels will ins Finale und dort die Medaillenspur legen. «Wenn es so läuft wie in Leverkusen, dann ist eine Medaille realistisch. Welche Farbe, werden wir sehen», meinte der Neubrandenburger. Rund 30 DLV-Starter haben sich in der europäischen Jahresbestenliste auf einen «Finalplatz» zwischen eins und acht geschoben - aber nur zwei ganz an die Spitze: Diskus-Weltmeisterin Franka Dietzsch (68,51 Meter) und Speerwurf-Vizeweltmeisterin Christina Obergföll (66,91) sind damit auch in der Welt die Nummer 1.
Für die Deutschen wird es sehr schwer, in der Nationenwertung Platz zwei in Europa hinter der Leichtathletik-Großmacht Russland zu verteidigen. Mit 118 Athleten stellen die Russen das größte Team, doch starke Hoffnungen auf Medaillenglanz machen sich auch die Gastgeber. Unter den 69 schwedischen Aktiven sind mindestens fünf Gold-Kandidaten: Susanna Kallur (Hürdensprint), Carolina Klüft (Siebenkampf), Stefan Holm, Kajsa Bergqvist (beide Hochsprung) und Dreispringer Christian Olsson. Neben den Schweden wollen sich auch die starken Briten, Europacup-Sieger Frankreich (Männer), Spanien und Italien als zweite Macht in Europa etablieren.
Quelle: dpa