[DFB] Außerordentlicher Bundestag 25.05.20

  • Vielleicht stimmen die realen Interessen der Vereine und ihrer Funktionäre auch einfach nicht mit den Gedankengebilden von Fans und Fußball-Historikern überein.

    Interessanter Punkt "matz", zu dem ich mal verschiedene Gedanken äußern möchte.
    Zunächst fokussiere ich mich auf die Drittligisten. Dort waren Ende April 8 Vereine für einen Abbruch, 10 für Fortsetzung und 2 enthielten sich. Für mich ein ganz knappes Ergebnis, das sehr gut die Hin- und Hergerissenheit der Drittligisten wiederspiegelt. Beim jetzigen außerordentlichen Bundestag durfte aber kein Drittligist direkt abstimmen, sondern nur indirekt auf seinen jeweiligen Verband einwirken. Wenn man sich dann noch die Zusammensetzung dieses Bundestages anschaut, wundern die eindeutigen Ergebnisse nicht. Während nämlich kein Drittligist abstimmen durfte, konnte z.B. die DFL eine Abordnung schicken.
    Zusammenfassend würde ich daher für die 3. Liga sagen, dass dort die Interessen zwischen den Vereinen und ihren Funktionären auf der einen Seite und den Fans auf der anderen Seite je nach Verein gar nicht so weit auseinanderklaffen. Das Abstimmungsergebnis der Drittligisten und das des Verbandstages dagegen schon.


    Anders sieht es bei den Vereinen der 1. und 2. Bundesliga aus. Da würde ich dir - mit wenigen Ausnahmen (vielleicht Union + St. Pauli) - zustimmen, dass es tatsächlich große unterschiedliche Interessen zwischen den Vereinen und ihren Verbänden auf der einen Seite und den organisierten Fanszenen auf der anderen Seite gibt, wie man ja an den Protestplakaten und den Protestbriefen sehen kann. Allerdings muss man für die 1. und 2. Bundesliga auch zugeben, dass es da nicht nur den "organisierten" Fan mit seinen Interessen gibt, sondern auch Millionen weitere, die im Laufe der Saison ein Stadion vielleicht 1 Mal von innen sehen. Dieser typische TV-Fan hat somit ganz andere Interessen als der regeläßige Stadiongänger, was sich ja auch bei den Diskussionen um Anstoßzeiten zeigt.


    Nun komme ich zu meinen persönlichen Erfahrungen aus Gesprächen und Besuchen mit Zuschauern, Fans, Spielern, Funktionäre etc. aus dem Amateurbereich, die ich zum Teil schon in anderen Threads geschildert habe. Bei den meisten Amateurvereinen habe ich den Eindruck, dass die folgenden Probleme eigentlich überall die gleichen sind:
    - Sinkende Zuschauerzahlen
    - Schwierige Suche nach Sponsoren
    - Weniger ehrenamtliche Helfer
    - Abnehmende Mannschaftszahlen in der Jugend bzw. häufig lässt sich eine Jugendmannschaft nur noch durch eine Jugendspielgemeinschaft am Leben halten
    Hier im Amateurbereich habe ich schon den Eindruck, dass die Vereine mit ihren Funktionären und die Mitglieder, Fans, Zuschauer sich diesen Problemen bewusst sind und dementsprechend auch die Interessen ziemlich deckungsgleich sind. Den Amateurvereinen fehlt aber meiner Meinung nach die Organisation und die Vernetzung. Vor mittlerweile drei Jahren hatte der damalige Präsident von Unterhaching, Engelbert Kupka, zur Kritik am DFB angesetzt, die bundesweites Medienecho fand (https://www.abendzeitung-muenc…11-ab91-49a7e69783d4.html). Bestimmt haben sich damit auch viele Amateurvereine identifizieren können, aber wo blieb die Unterstützung? Was ist aus der Kritik geworden? Was hat sich seitdem für die Amateurvereine verändert?

  • Nochmal abschließend zum DFB-Bundestag:
    Eine westdeutsche Zeitung schrieb heute von einem vollumfänglichen Sieg der DFB-Kaste. Die Verwendung des Wortes Kaste bringt die Problematik mMn gut zum Ausdruck. Bei dem Stimmenverhältnis und der zudem sehr guten Orchestrierung im Ablauf durch Koch in seiner Kraft als Versammlungsleiter (durch Aufsplitten und Vorziehen von Anträgen) war kaum etwas anders zu erwarten. Überraschend war eigentlich nur die extreme Schärfe in Kochs Rede (mMn stark spaltend und eines DFB-Vize unwürdig), aber diese Rede hat ihre beabsichtigte Wirkung ja offensichtlich nicht verfehlt und der DFB-Zentrale zu ihrem Willen und dem deutschen Fußball zu einer weiteren, bereits vorher feststehenden, Laber äh Taskforce verholfen. Warum man ständig an die Einigkeit des DFB appellieren muss, nur um Ergebnisse wie beim jüngsten chinesischen Volkskongress erzielen zu können, bleibt mir ein Rätsel.
    Wichtigste Info des ganzen Bundestages: Der 150 Millionen Neubau der DFB-Zentrale wird pünktlich fertig. Juhu!
    Interessant ist übrigens ein Video beim MDR von der Pressekonferenz nach dem DFB-Bundestag. DFB-Präsi Keller scheint tatsächlich eher die Rolle der Grüßaugusts einzunehmen. Anders ist sein Rumeiern bei konkrete Fragen kaum zu erklären. Passend dazu ergänzte dann auch ein weiterer DFB-Funktionär.


    Fokussierung auf die Bundesligen, Mobilitätsdruck/Entwurzelung, geändertes Freizeitverhalten, Undankbarkeit von Ehrenämtern, fehlender Mehrwert für Sponsoren usw.. Die Ursachen sind vielschichtig, aber ähneln sich, wie die daraus resultierenden Probleme, tatsächlich. In einigen Regionen bereits mehr ausgeprägt, in andern (noch) etwas weniger. Aber dafür gibt es keine einfachen Lösungen und der Amateurfußball ist hier mit Problematiken konfrontiert, die er mMn grundsätzlich nicht lösen kann. Ein kleiner Lichtpunkt ist der Finaltag der Amateure, aber dies wird die allgemeine Entwicklung nicht aufhalten.


    ...
    Den Amateurvereinen fehlt aber meiner Meinung nach die Organisation und die Vernetzung.
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    Die Probleme sind mMn die sich verselbständigte DFB-Zentrale, dass es leider keine Amtszeitbefristung für die Funktionäre gibt, die Ämterhäufung und dieses von DFB-Insidern schon häufig beschriebene System von Hausmächten und Gefälligkeiten, die eine umfassende Reform und Neugliederung dieses Verbandes und seiner Teilverbände verhindern. Allen Skandalen zum Trotz, wird sich der DFB wohl nie ändern. Hier könnte wohl nur eine konkurrierende Verbands-Neugründung helfen den nötigen Druck auszuüben, aber so etwas ist kaum vorstellbar. Leider.

    ...und niemals vergessen

    EISERN UNION!


  • und dem deutschen Fußball zu einer weiteren, bereits vorher feststehenden, Laber äh Taskforce verholfen.

    aber da gibts doch für die Würdenträger ausgiebige Sitzungen :zum_wohle::essen2: . mit hoffentlich angemessener Aufwandsentschädigung ?

    #22/5 5 Regional-Verbände = 5 Regional-Ligen = 5 Regional-Meister = 5 Aufsteiger

  • Fokussierung auf die Bundesligen, Mobilitätsdruck/Entwurzelung, geändertes Freizeitverhalten, Undankbarkeit von Ehrenämtern, fehlender Mehrwert für Sponsoren usw.. Die Ursachen sind vielschichtig, aber ähneln sich, wie die daraus resultierenden Probleme, tatsächlich. In einigen Regionen bereits mehr ausgeprägt, in andern (noch) etwas weniger. Aber dafür gibt es keine einfachen Lösungen und der Amateurfußball ist hier mit Problematiken konfrontiert, die er mMn grundsätzlich nicht lösen kann. Ein kleiner Lichtpunkt ist der Finaltag der Amateure, aber dies wird die allgemeine Entwicklung nicht aufhalten.

    Gute Ergänzungen!
    Ich nenne mal ein paar Lösungsvorschläge, über die man sicherlich diskutieren kann. Auch ist natürlich fraglich, ob diese zu einer tatsächlichen Verbesserung im (gehobenen) Amateurfußball führen würden und überhaupt umsetzbar wären.


    1. Steuererleichterungen für Personen, die ein Ehrenamt ausüben. (Ich weiß, dass das sicherlich auch wieder von Kriminellen missbraucht werden würde - siehe Corona-Soforthilfemaßnahmen -, aber Juristen würden hierfür bestimmt eine Lösung finden.
    2. Ausbildungsentschädigungen auch bei ablösefreien Wechseln und Vertragsverlängerungen. Aktuell ist es meines Wissens nach so, dass die Amateurvereine bzw. die Ausbildungsvereine von Bundesligaprofis nur dann eine "Entschädigung" erhalten, wenn der Spieler für eine Ablösesumme wechselt. Bei Vertragsverlängerungen und ablösefreien Wechseln halten dagegen nur die Spieler - und vor allem deren Berater - die Hand auf.
    3. Um in LIga 7 oder höher spielen zu dürfen, muss in jeder Altersstufe eine Jugendmannschaft vorhanden sein - natürlich geht hier auch in Form einer Jugendspielgemeinschaft. Ich weiß, dass einige Vereine dann einfach einen benachbarten Verein mit Jugend Geld geben würden, ohne wirklich eine eigene Jugend aufzubauen, aber so würden wenigstens ein paar Euro in die Jugend investiert werden und eben nicht nur in die Herrenmannschaft.
    4. Andere finanzielle Verteilung im Grundlagenvertrag zwischen DFB und DFL dahingehend, dass der DFB bzw. die Amateurvereine mehr Geld bekommen.
    5. Aufstockung der 1. und 2. Bundesliga auf 20 Mannschaften
    6. Einführung einer dreigleisigen Regionalliga :frech: , darunter die Oberligen, wobei z.B. die Oberliga Bremen nicht mehr eigenständig existieren dürfte.
    (Punkt 4 und 5 hätten zur Folge, dass mehr Vereine am Profifußball bzw. gehobenen Amateurfußball teilhaben könnten und der finanzielle Aufwand in den Ligen darunter weniger werden würde)
    7. Reform des DFB-Pokals: Bleibt es bei der eingleisigen 3. Liga, werden alle Drittligisten am DFB-Pokal teilnehmen. Bei einer dreigleisigen 3. Liga müssten man dann entsprechend die Plätze festlegen.
    Ich fand folgenden Reformvorschlag gar nicht mal so schlecht:
    https://www.express.de/sport/f…b-pokal-fast-fix-28141016
    8. Vorsicht Träumer unterwegs :cool: : Sportplätze bzw. Vereinsheime als Ort der Begegnung. In vielen Dörfern gibt es heutzutage kaum noch Möglichkeiten, um sich in geschlossenen Räumen außerhalb der privaten Wohnung zu treffen, da Gastwirtschaften oder Eiscafes entweder gar nicht existieren oder zum Beispiel im Herbst und Winter geschlossen sind. Warum also nicht (Fußball)Vereinsheime als Orte der Begegnung umfunktionieren, indem man z.B. sonntags typische Hausmannskostgerichte oder Kaffee und Kuchen anbietet.

  • Da soll es ja Funktionäre geben, die meinen, die Politik soll den Amateurfußball retten, DFB und DFL sollten aber so weiter machen wie bisher...