Da es im Forum häufiger zu Diskussionen über die Besitzverhältnisse im Fußball und über die 50+1-Regel kommt, eröffne ich mal einen Thread zur Frage, wem eigentlich der Fußball gehört und starte mit der Bundesliga.
1998 beschloss der DFB, dass am Spielbetrieb auch Kapitalgesellschaften teilnehmen können. Die Vereine konnten demnach ihre Fußballabteilungen in eine Kapitalgesellschaft ausgliedern.
Der englische Fußball befand sich von jeher im Privatbesitz. Nach der Verschiebung der englischen Wirtschaft von einer Industrie-Nation zu einem bedeutenden Finanzmarkt, wurden auch die Anteile an englischen Fußball-Unternehmen zu Spekulationsobjekten. Um einen solchen wiederholten Besitzerwechsel aus Spekulationsgründen in Deutschland zu verhindern, wurde die 50+1-Regel eingeführt, die besagt, dass ein Verein zwar wirtschaftlich 99% der Anteile an der Kapitalgesellschaft veräußern darf, aber die Mehrheit der Stimmrechte behalten muss (50 Prozent +1 Stimme). Damit sollte bewirkt werden, dass nur ernsthaft und langfristig engagierte Investoren Anteile erwerben.
Ein Problem bei der Einführung der Regel stellte Bayer Leverkusen dar (Lex Leverkusen), da der Verein bereits Teil eines Unternehmens war. Um Rechtsstreitigkeiten mit Bayer Leverkusen zu vermeiden, wurde Leverkusen von der 50+1-Regel ausgenommen, mit der Begründung, die Bayer AG habe den Verein bereits vor der Einführung der Regel 20 Jahre maßgeblich finanziert. Nach dieser Ausnahmeregel konnte auch die Volkswagen AG 2007 100 Prozent der VfL Wolfsburg-Fußball GmbH übernehmen.
Die 50+1-Regel ist rechtlich höchst umstritten, weil sie stark in die Rechte der Anteilseigner eingreift. Martin Kind, als Präsident und Sponsor von Hannover 96, drohte mehrfach, die Regel vor europäischen Gerichten anzufechten. Darauf hin wurde die Lex Kind eingeführt, nach der ein Förderer 20 Jahre den Verein maßgeblich unterstützt haben muss (das Datum der Einführung der 50+1 Regel als Stichtag entfiel). Von der Lex Kind profitierte allerdings nicht Martin Kind, sondern Dietmar Hopp, der offiziell Besitzer von 1899 Hoffenheim werden durfte. Bei Kind und seinen Mitinvestoren wurde hingegen geurteilt, dass ihr finanzielles Engagement bei 96 nicht maßgeblich (im Vergleich zu anderen Einnahmen) gewesen sei.
Entgegen einer weit verbreiteten Annahme ist RB Leipzig nicht von der 50+1-Regel befreit. Der Verein hat aber eine Vereinskonstruktion gewählt, nach der der Verein nur eine leere Hülle ist, um die Regel formal zu erfüllen. Dies führt die 50+1-Regel zwar ad absurdum, ist aber rechtlich nicht angreifbar.
Vereine, die ihre Fußball-Abteilung in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert haben, aber die Mehrheit der wirtschaftlichen Anteile halten (und damit automatisch die Mehrheit der Stimmrechte)
FC Bayern München AG
(Vorstandsvorsitzender K.-H. Rummenigge)
Eigentümer:
FC Bayern München e.V. 75%
(Präsident Herbert Hainer)
Adidas AG 8,3 %
Allianz SE 8,3%
AUDI AG 8,3%
(Aufsichtsratsvorsitzender der AG: Herbert Hainer)
Borussia VfL 1900 Mönchengladbach GmbH
(Geschäftsführer: Rolf Königs, Siegfried Söllner, Stephan Schippers und Max Eberl)
Eigentümer:
Borussia VfL 1900 Mönchengladbach e.V. 100%
(Aufsichtsratsvorsitzender der GmbH: Prof. Dr. Reiner Körfer)
Eintracht Frankfurt Fußball AG
(Vorstand Fredi Bobic, Axel Hellmann, Oliver Frankenbach)
Eigentümer:
Eintracht Frankfurt e.V. 67,88%
(Präsident Peter Fischer)
Freunde des Adlers GmbH 18,55 %
Freunde der Eintracht Frankfurt AG 10,00%
Steubing AG 3,57%
(Aufsichtsratsvorsitzender der AG: Philipp Holzer)
Hertha BSC GmbH & Co. KGaA
Eigentümer:
49,9% Peil Investment B.V., (mittelbar Tennor Holding B.V)
50,1 %: Hertha BSC e. V.
(Präsident Werner Gegenbauer)
Im Oktober plant die Peil Investment B.V die Übernahme von 66,6 Prozent
Komplementär-GmbH: Hertha BSC Verwaltung GmbH (zu 100 % im Besitz des Hertha BSC e. V.)
(Geschäftsführer: Michael Preetz)
SV Werder Bremen GmbH & Co. KGaA
(Geschäftsführung: Vorsitzender Klaus Filbry)
Kommanditaktionäre: SV Werder e.V. (Präsident Hubertus Hess-Grunewald)
Komplementär GmbH: Werder Verwaltungs GmbH (zu 100% SV Werder e.V.)
Aufsichtsratsvorsitzender: Marco Bode
1. FC Köln GmbH & Co. KGaA
(Geschäftsführung: Horst Heldt, Alexander Wehrle)
Kommanditaktionär: 1.FC Köln e.V. (Präsident Wolfgang Wolf)
Komplementär GmbH: 1. FC Köln Verwaltungs-GmbH (zu 100 % 1.FC Köln e.V.)
(Vorsitzender des Aufsichtsrats: Jörn Stobbe, Mitglied der Geschäftsführung der Union Investment Real Estate GmbH)
DSC Arminia Bielefeld GmbH & Co. KGaA
Geschäftsführung: Samir Arabi, Markus Rejek)
Kommanditaktionäre:
71,4% Deutscher Sportclub Arminia Bielefeld e. V. (Präsident Hans Jürgen Laufer (Unternehmer)
28,6 %: Bündnis Ostwestfalen
Komplementär GmbH: DSC Arminia Bielefeld Management GmbH
(zu 100% Deutscher Sportclub Arminia Bielefeld e. V.)
Aufsichtsratsvorsitzender: Hartmut Ostrowski
VfB Stuttgart 1893 AG
(Vorstandsvorsitzender Thomas Hitzelsberger)
Eigentümer:
88,25 %: VfB Stuttgart e. V. (Präsident: Claus Vogt, Unternehmer)
11,75 % Daimler AG
(Aufsichtsratsvorsitzender: Claus Vogt, Unternehmer)
Vereine, die ihre Fußball-Abteilung in eine Kapitalgesellschaft ausgegliedert haben und die Mehrheit der wirtschaftlichen Anteile verkauft haben, aber gemäß der 50+1 Regel die Mehrheit der Stimmrechte besitzen.
Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA
Vorsitzender der Geschäftsführung: Hans-Joachim Watzke
Eigentümer:
Komplementär-GmbH
Borussia Dortmund e.V. 100%
(Präsident Reinhard Rauball)
Kommanditaktionäre
Streubesitz: 59,9%
EVONIK Industries 9,8%
Bernd Geseke 9,4%
Borussia Dortmund e.V. 5,5%
SIGNAL IDUNA 5,4%
Ralph Dommermuth 5,0%
PUMA 5,0%
(Aufsichtsratsvorsitzender: Gerd Pieper, Unternehmer)
Rasenballsport Leipzig GmbH
(Geschäftsführer Olaf Mintzlaff)
Eigentümer:
RED BULL GmbH 99%
RB Leipzig e.V. 1%
Nach der 50+1-Regel liegt die Entscheidungsmehrheit beim RB Leipzig e.V.
Fußball-Club Augsburg 1907 GmbH & Co. KGaA
Vorstandsvorsitzender: Klaus Hofmann
Kommanditaktionäre:
99 % Hofmann Investoren GmbH
1% FC Augsburg e.V.
Komplementär GmbH: FCA Beteiligungs-GmbH (zu 100% FC Augsburg e.V.)
Vorsitzender des Aufsichtsrats: Thomas Müller
Kapitalgesellschaften, die von der 50+1 Regel befreit sind und damit im Privatbesitz sind. Die ursprünglichen Vereine haben kein Mitspracherecht.
Bayer 04 Leverkusen Fußball GmbH
(Vorsitzender Geschäftsführung: Fernando Carro)
Eigentümer:
Bayer AG (über Erste K-W-A Beteiligungsgesellschaft mbH) 100%
(Vorsitzender des Gesellschafterausschusses: Werner Wenning (AR-Vorsitzender Bayer AG)
TSG 1899 Hoffenheim Fußball-Spielbetriebs GmbH
(Geschäftsführer: Frank Briel, Dr. Peter Görlich, Denni Strich)
Eigentümer:
Dietmar Hopp: 96%
Turn‑ und Sportgemeinschaft Hoffenheim 1899 e. V. 4%
(Beiratsvorsitzender Dietmar Hopp)
VfL Wolfsburg-Fußball GmbH
(Geschäftsführung: Michael Meeske, Jörg Schmadtke, Dr. Tim Schumacher)
Eigentümer: Volkswagen AG (über Volkswagen Group Services GmbH): 100%
(Aufsichtsratsvorsitzender: Frank Witter (Finanzvorstand Volkswagen AG)
Reine Vereine ohne Kapitalgesellschaften
Sport-Club Freiburg e. V.
Vorstand: Oliver Leki, Jochen Saier
1. FC Union Berlin e.V.
Präsident: Dirk Zingler
Fußballclub Gelsenkirchen‑Schalke 04 e. V.
Vorstand: Jochen Schneider, Alexander Jobst
Aufsichtsratsvorsitzender: Jens Buchta (Rechtsanwalt)
1. Fußball- und Sportverein Mainz 05 e. V.
Vorstandsvorsitzender: Stefan Hofman