Ich kann an dem Abstieg von Schalke 04 (noch) nichts Gutes erkennen, außer vielleicht, dass dadurch die 2. Bundesliga um eine Attraktion reicher wird. Die Bundesliga verliert dagegen einen weiteren großen Traditionsverein.
Ich kann mich noch an die Kommentare erinnern, als der HSV vor fast drei Jahren abstieg. Da waren viele der Meinung, dass der Abstieg hochverdient war. Wenn man das Ganze aus sportlichen und wirtschaftlichen Aspekten betrachtet, muss man dem zustimmen. Für Schalke gilt das genauso. Ebenso für Kaiserslautern in Liga 3. Diese drei Vereine waren in den letzten Jahren vermutlich die größten Geldvernichtungsanlagen Deutschlands. Was dort Gehälter und Ablösen für Spieler bezahlt wurden, die schlechte Leistung brachten, stand in keinem gesunden Verhältnis zueinander.
Deshalb ist klar: Der Abstieg von Schalke ist rein sportlich und wirtschaftlich betrachtet sowas von verdient. Auch ein Abstieg von Kaiserslautern in die Regionalliga und somit deren Abschied aus dem Profifußball wäre prinzipiell die gerechte Strafe. Allein schon dafür, dass man Schulden bei anderen Vereinen hat(te), die Konkurrenten waren bzw. sind, durch die Insolvenz nun aber auf ihren Kosten sitzen bleiben müssen. Ein Skandal! Eine Frechheit! Eine Ungerechtigkeit den anderen Klubs gegenüber!
Nun ist Fußball aber auch immer verbunden mit Emotionen und Nostalgie. Ich zum Beispiel habe heute noch die Szene im Kopf, als Francis Kioyo den Elfmeter verschoss und der Abstieg des TSV 1860 München besiegelt war. Noch heute empfinde ich Mitleid. Noch heute spüre ich, wie ich damals mit den Sechzigern mitfieberte. Erklären kann ich mir das nicht, denn ich habe eigentlich mit 1860 überhaupt nichts am Hut, sieht man mal von den üblichen Sympathien für Traditionsvereine ab. Für mich als jemand, der Mitte/Ende der 90er mit dem Fußball-Virus infiziert wurde, war das eine Zäsur, denn eine 1. Bundesliga ohne 1860 München – ohne Münchner Stadtderby – kannte ich bis dahin nicht. Als im Jahr 2017 der VfB Stuttgart und 2018 der HSV ebenfalls den Gang in Liga 2 antreten mussten, waren das für mich ähnliche Gefühle. Auch in diesen beiden Fällen hatte ich nichts mit den Vereinen am Hut, trotzdem hatte ich das Gefühl, hier geht erneut ein wichtiges Stück (von meiner) Bundesligageschichte verloren. Zwischen den Abstiegen der Sechziger und der Schwaben bzw. Hanseaten ist aber noch mehr passiert: Mit dem Dorf bei Sinsheim kam seit der Einführung der Bundesliga erstmals ein Dorfverein ins deutsche Oberhaus, dazu noch ein Verein, der (zum damaligen Zeitpunkt) komplett am Tropf eines Mäzens hing. Wem das noch nicht schlimm genug war, der musste gar nicht so lange warten, bis mit dem Nicht-Verein aus dem Dosenimperium etwas nach oben kam, das all jene negativen Aspekte vereint, die der moderne Fußball zu bieten hat.
Und nun, im Jahr 2021, eben Schalke 04. Die Bundesliga verliert einen Verein mit deutschlandweiter Strahlkraft, der zwar in den letzten Jahren seine einstige Kumpel- und Malocher-Mentalität oft genug mit Füßen trat, der aber dennoch tief verwurzelt im Ruhrgebiet und für immer verbunden ist mit der Geschichte des Kohle- und Bergbaus. Ein Verein, dessen Fans für ihre Reisefreudigkeit bekannt sind, die deutschlandweit in Scharen bei den Erstligastandorten einfielen. Die 1.Bundesliga verliert also eine weitere Attraktion, eine Liga, die durch die Serienmeisterschaften der Bayern aus München ohnehin schon gähnend langweilig geworden ist.